Wer kennt sie nicht?! Die Ausrichtungs-Nerds auf der Matte. Alles muss exakt so aussehen wie im Lehrbuch.
Im Krieger 2 das vordere Bein um exakt 90 Grad gebeugt; die hintere Fussaußenkante in den Boden gedrückt mit einer leichten Wölbung im hintern Fuß, das vordere Knie leicht nach außen gezogen, sodass der große Zeh, vielleicht auch noch der zweite Zeh sichtbar ist; die vordere Verse auf jeden Fall „in line“ mit der hinteren Verse; das Steißbein leicht nach unten gezogen aber auch nicht zu stark um die natürliche Krümmung der Wirbelsäule nicht zu verändern… und und und!
Ich gebe zu. All das habe ich auch schon im Unterricht meinen Schülern mitgegeben. Erstmal ist das auch nicht falsch. Aber ist das wirklich für alle gleichermaßen passend und vor allem gesund?
Klare Antwort: Nein.
Was heute durch die Medien wie Instagram und Co an Bildern nach Außen transportiert wird, ist nicht unbedingt zwingend repräsentativ für eine gesunde Ausrichtung der jeweiligen Asana. Viele eifern jedoch diesem Ideal der perfekten Haltung nach. Warum das so ist, kann man sicherlich psychologisch erklären. Aber davon habe ich viel zu wenig Ahnung, daher lasse ich das.
Wie kann ich also als Lehrer aber auch als Schüler eine gesunde Ausrichtung in den Asanas vermitteln bzw. üben?
Was mir geholfen hat, diese Frage zu beantworten war der Gedanke, dass es vollkommen egal ist, wie eine Haltung aussehen mag. Wichtig ist, wie sie sich von innen her anfühlt und ob ich den Bereich, der in der jeweiligen Haltung gedehnt oder gestärkt werden soll, spüre. Wichtige Ergänzung: Ohne stechenden Schmerz zu spüren!
Es geht also eher darum, den eigenen Körper zu spüren (was vielleicht die größere Herausforderung ist) und dem entsprechend zu üben und gut zu dir zu sein.
Für mich als Lehrender dieser Techniken ist es also eher die Aufgabe, den Schülern zu beschreiben, wo sie was spüren sollen in der jeweiligen Asana. Wieso aber turnen immer noch so viele Lehrer bei den Übungen selbst mit und „zeigen“ den Schülern, wie die Asana auszusehen hat? Das Ego lässt grüßen…
Wenn also der Schüler weiß, wo er etwas spüren soll, kann er wie ein Forscher nach Innen schauen, anstatt im Außen zu sein und sich mit anderen zu vergleichen.
Reicht das schon? Ein Aspekt der in meiner Beobachtung von vielen Yogis weniger Beachtung findet ist die Qualität des Atems während der Asana. Das heißt: So lange mein Atem während des Übens ruhig, lang und bewusst ist, bin ich richtig. Egal wie weit oder tief ich in der Übung bin. Wenn meine Atmung schnell, flach und kurz wird sollte ich bemerken, dass ich zu weit gegangen bin.
Dieses Bemerken erfordert jedoch ein Bewusstsein für den Atem an sich. Nur wenn ich meinen Atem in dem Moment des Übens (vor allem in Übungen, die neu sind oder herausfordernd sind) wahrnehme, kann ich ein Bewusstsein dafür entwickeln, ob die Ausrichtung und Intensität der Asana in dem Moment richtig für mich ist.
In a nutshell: Wir sollten Yogahaltungen und Atmung dafür nutzen, in unseren Körper zu kommen, anstatt den Körper in eine Pose zu zwingen.